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Gedenkveranstaltung „Zuflucht gesucht – Zuhause gefunden“ – Zehnter Jahrestag der Aufnahme jesidischer Menschen im Landkreis

Gedenkveranstaltung „Zuflucht gesucht – Zuhause gefunden“ – Zehnter Jahrestag der Aufnahme jesidischer Menschen im Landkreis

Ein großer Raum mit Personen und Tischen
Vor zehn Jahren waren im Landkreis Esslingen mehr als 100 jesidische Frauen und Kinder aus dem Nordirak angekommen. Bei der Gedenkfeier dazu überbrachte Ministerpräsident Winfried Kretschmann Grußworte per Video. Foto: Kreismedienzentrum

Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat die Schirmherrschaft für die Gendenkveranstaltung am Montag, 23. Juni im Landratsamt Esslingen am Standort Plochingen übernommen. Die jesidischen Menschen waren dort in dem Gebäude des ehemaligen Kreiskrankenhauses auf dem Stumpenhof untergebracht worden. Zur Veranstaltung meldete sich der Ministerpräsident per Videogruß:

„Die allermeisten der Aufgenommenen sind dauerhaft hier angekommen. Haben die deutsche Sprache gelernt, arbeiten oder studieren hier, haben Freunde gefunden. Mit viel Kraft und Ausdauer haben Sie sich hier ein neues Leben aufgebaut. Und sind Teil unserer Gesellschaft geworden. Das erfüllt mich mit allerhöchstem Respekt. Über einhundert Personen hat der Landkreis Esslingen im Juni 2015 aufgenommen. Sie waren gut vorbereitet – und wussten doch gar nicht so genau, was da auf Sie zukommt. Das war für uns alle ja Neuland. Sie haben den Ankommenden eine engmaschige und professionelle Betreuung angeboten. Und einen besonderen Fokus auf die medizinische Betreuung gelegt und auch Personen aufgenommen, die besondere Bedarfe hatten. Dafür sage ich Ihnen allen heute aus Anlass des 10. Jahrestags der Aufnahme im Landkreis Esslingen aufrichtig Dank. All denjenigen, die noch Familienangehörige im Nordirak haben, möchte ich aber auch sagen: Wir engagieren uns weiter vor Ort mit unserer Partnerschaftsinitiative Nordirak. Um die Lebensbedingungen für die vom Genozid betroffenen Ezidinnen und Eziden zu verbessern.“

Landrat Marcel Musolf begrüßte die Gäste, Betroffene sowie Beteiligte, die das Projekt verantwortet und umgesetzt haben: „Die Frauen und Kinder aus dem Nordirak haben nach einem brutalen Überfall ihre Heimat verlassen müssen. Neben allem Schmerz haben diese Menschen auch eine Hoffnung getragen, auf Schutz, eine Perspektive und eine sichere Zukunft hier bei uns im Landkreis. Ich freue mich, dass die Jesidinnen sich voller Zuversicht ein neues Leben aufgebaut haben. Mein besonderer Dank gilt den Mitarbeitenden der Verwaltung, die mit großem Verantwortungsbewusstsein den Aufgenommenen nicht nur eine Bleibe, sondern echte Hilfe und Zukunftsaussichten geboten haben. Ich danke den Ehrenamtlichen, die mit viel Herzblut und enormen Einsatz weit über das Alltägliche hinaus unterstützt haben. Mein Dank geht an die Schulen und Lehrkräfte, an die beteiligten Kommunen - insbesondere die Stadtverwaltung Plochingen - sowie an die Ärztinnen und Ärzte, die vor enormen Herausforderungen standen. Besonders danke ich den Verantwortlichen im Staatsministerium, die das Projekt begleitet haben.“

Auf den Tag genau vor zehn Jahren kam am 23. Juni 2015 die erste Gruppe von 40 von jesidischen Frauen und Kindern auf dem Landesflughafen Stuttgart an und zog in Plochingen ein. Die Personen wurden von Mitarbeitenden des Amtes Soziale Dienste und Psychologische Beratung im Rahmen des „Projektes Nordirak“ begleitet und betreut. Zu dem interdisziplinären Team aus Haupt- und Ehrenamtlichen und Honorarkräften gehörten Sozialpädagoginnen, Erzieherinnen, Krankheits- und Gesundheitspflegerinnen, Kunsttherapeutinnen, Dolmetscherinnen, Physiotherapeuten, Lehrerinnen, und weitere.

Anfang 2016 lebten in der Einrichtung 103 Personen, davon über die Hälfte Minderjährige. Es wurde in der Einrichtung eine sehr enge Betreuung und Begleitung für die jesidischen Menschen organisiert, die den Personen ein Ankommen, Erholung und eine Perspektiventwicklung ermöglichte. In Zusammenarbeit mit den Plochinger Schulen, und später den weiterführenden und berufsbildenden Schulen konnten die Kinder und Jugendlichen Fuß fassen und sich im Landkreis Esslingen integrieren. Für die Erwachsenen war dies schwieriger, aber auch von ihnen haben viele die deutsche Sprache erlernt, arbeiten und haben einen Platz in der Gesellschaft gefunden.

Das ehemalige Kreiskrankenhaus Plochingen haben die Frauen und Kinder bis Ende 2018 alle verlassen. Sie wohnen seither im Landkreis verstreut in verschiedenen Kommunen. Bis Ende 2019 wurden sie vom interdisziplinären Team ambulant begleitet, dann wurde das Projekt Nordirak beendet. Die Leistung des Landkreises wurde 2019 vom Land Baden-Württemberg beim Integrationspreis mit dem Sonderpreis für besondere Integrationsleistungen einer Behörde gewürdigt. Bis heute wurden die jesidischen Frauen und Kinder von einer Sozialpädagogischen Familienhelferin begleitet. Nun wird auch diese Begleitung beendet, weil sich die Menschen gut integriert haben. Der Weg der Jesidinnen im Landkreis Esslingen ist bei der Gedenkveranstaltung in einem Dokumentarfilm nachgezeichnet worden.