Kreistag für Stuttgart 21

Resolution des Kreistags vom 11.November 2010

Wir sind für Stuttgart 21 und die Neubaustrecke Wendlingen - Ulm

Das Bahnprojekt Stuttgart – Ulm stärkt den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg:
Es bindet das ganze Land in das europäische Schienennetz der Zukunft ein. Der Umbau des Bahnknotens Stuttgart, einschließlich des Filderbahnhofs und die Neubaustrecke Wendlingen bis Ulm bietet langfristig viele Möglichkeiten und Chancen für die Landeshauptstadt Stuttgart, den Landkreis Esslingen, die Region Stuttgart und das Land Baden-Württemberg. Für den Landkreis Esslingen und seine Zukunftsfähigkeit ist dieses Projekt unverzichtbar.

Chancen durch S 21/NBS

S 21 und die Neubaustrecke Wendlingen – Ulm eröffnen Chancen, weil

  1. der neue Hauptbahnhof als Durchgangsbahnhof günstigere Streckenführungen, neue umsteigefreie Direktverbindungen zwischen den Zentren der Metropolregion Stuttgart, höhere Kapazitäten und einen reibungslosen Verkehrsfluss ermöglicht
  2. der Landkreis Esslingen mit seiner bevölkerungsstarken und wirtschaftlich gut entwickelten Filderregion einen eigenen vollwertigen Nah- und Fernverkehrsbahnhof erhält. Damit werden der Flughafen, die Neue Messe und der Filderraum mit 14 Millionen Fluggästen/Messebesuchern, 250.000 Einwohnern und über 100.000 Arbeitsplätzen direkt an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz angebunden und optimal die Verkehrsträger Luft – Schiene – Straße miteinander verknüpft
  3. sich neue, umsteigefreie Fahrbeziehungen, z. B. aus dem Raum Nürtingen auf die Fildern und zum Hauptbahnhof Stuttgart, mit erheblichen Fahrzeitverkürzungen ergeben
  4. die Voraussetzungen für eine weitere Verbesserung des regionalen Nahverkehrs auf der Schiene, z. B. durch eine Stadt-Bahn-/S-Bahn-Verlängerung bis nach Neuhausen auf den Fildern, geschaffen werden. Im Weiteren ist sogar ein S-Bahn-Ringschluss bis ins Neckartal möglich
  5. während der Bauphase und danach neue Arbeitsplätze und eine dauerhaft zusätzliche Wertschöpfung für das ganze Land geschaffen werden, von denen auch der Landkreis profitiert
  6. ein wichtiger Beitrag zum Umweltschutz geleistet wird, denn Straßen- und Luftverkehr können nachhaltig auf die Schiene verlagert werden und die Umwelt durch Einsparung von über 175.000 Tonnen CO2 entlastet werden.

Risiken und Folgen ohne S 21/NBS

Ohne den Ausbau der Infrastruktur verlieren das Land, die Region und der Landkreis als Investitions- und Arbeitsplatzstandort an Attraktivität und Entwicklungsperspektiven. Als exportabhängiger Wirtschaftsstandort sind wir auf eine gute Infrastruktur angewiesen. Wer S 21 und die NBS ablehnt, muss auch offen und ehrlich sagen, was die Folgen und Alternativen sind:

  1. Da der Kopfbahnhof an seiner Belastungsgrenze ist, müsste dieser mit erheblichem Aufwand modernisiert werden. Zusätzliche neue Gleise auf der Bestandsstrecke im dicht besiedelten Neckar- und Filstal wären die Folge.
  2. zwei bis drei zusätzliche Gleise führen zu erheblichen Eingriffen in die Siedlungsstruktur
  3. Über die bereits vereinbarten Lärmschutzmaßnahmen hinaus, müssten weitere Sicherheitsabstände zur Bebauung vorgesehen werden
  4. Bei Realisierung der sogenannten K-Trasse mit der Querverbindung bei Esslingen-Mettingen über die dortigen Gemüsefelder oder der Querverbindung an der Markungsgrenze Stuttgart-Obertürkheim/ES-Mettingen macht die Untertunnelung Ostfilderns notwendig. Käme dies in einem Planfeststellungsverfahren zum Zuge, wären neue Betroffenheiten und zusätzlicher Landschaftsverbrauch die Folgen.

Die Einwohnerinnen und Einwohner des Landkreises Esslingen und seine Städte und Gemeinden im Neckartal hätten bei allen Alternativen deutliche Zusatzbelastungen zu erwarten, ohne weiteren Nutzen ziehen zu können.

Der Umstieg auf eine andere Variante ist kurzfristig nicht möglich. Dem Land und der Region würden dadurch verlorene Aufwendungen und Schadensersatzforderungen entstehen und ein Stillstand beim Ausbau des Schienennetzes von vielen Jahren ausgelöst werden. Nicht zuletzt würde Deutschland an Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit und Vertrauen verlieren und damit nachhaltig seine Standortgunst einbüßen. Das Vertrauen eines Großteils der Bürgerinnen und Bürger im Land in demokratische Entscheidungen wäre in Frage gestellt.

Investition angemessen

Mit der vom Deutschen Bundestag und vom Landtag Baden-Württemberg beschlossenen Finanzierungsvereinbarung vom April 2009 und der Kostenberechnung vom Dezember 2009 ergibt sich ein Gesamtfinanzbedarf für S 21 von 4,088 Mrd. Euro und für die Neubaustrecke errechnen sich voraussichtliche Baukosten in Höhe von 2,89 Mrd. Euro. Das Land Baden-Württemberg beteiligt sich mit 950 Mio. Euro an der Vorfinanzierung der NBS und mit 823 Mio. Euro an der Finanzierung von S 21. Beide Maßnahmen können damit gleichzeitig im Jahr 2019 fertig gestellt werden. Der Kreistag begrüßt, dass das Land die Chance wahrnimmt, dieses Infrastrukturprojekt zu realisieren. Angesichts der beträchtlichen Zahllasten des Landes Baden-Württemberg im Finanzausgleich, die in den letzten 10 Jahren zwischen 1,5 und 2,5 Mrd. Euro jährlich lagen, ist die Investition angemessen.

S 21/NBS sind demokratisch legitimiert

Das Bahnprojekt ist über 15 Jahre in allen demokratischen Gremien öffentlich behandelt worden und wurde mit klaren Mehrheiten angenommen. Bei aller Unterschiedlichkeit der Standpunkte ist nicht erkennbar, dass eine realistische und realisierbare Alternative besteht. Jahrelange, nach demokratischen Grundsätzen abgelaufene Diskussions- und Entscheidungsprozesse können nicht einfach unter dem Eindruck von Protesten für bedeutungslos erklärt werden.

Der Kreistag appelliert an alle - gleichgültig, ob sie für oder gegen das Bahnprojekt sind - besonnen zu handeln. Das Demonstrationsrecht ist in einem demokratischen Rechtsstaat Ausdruck der Meinungsfreiheit und ein hohes Gut, das es zu gewährleisten gilt, dass aber auch nicht missbraucht werden darf. Notwendig ist der Respekt vor der Meinung des jeweils anderen.

Wir wollen in unserem Landkreis den Dialog für eine gute Zukunft. Deshalb fordert der Kreistag die Projektträger auf, diese große Infrastrukturmaßnahme besser zu vermitteln, mehr zu informieren, Transparenz herzustellen, Planungsänderungen wo möglich vorzunehmen und damit an einer zügigen Realisierung zu arbeiten.

Wir wissen, dass unser hoher Lebensstandard nicht von ungefähr kommt. Fleißige Menschen,
erfolgreiche Unternehmen und kluge Investitionen tragen zur Zukunft unseres Landes bei. Es liegt in unserer Verantwortung, diese gute Basis auch für die nachfolgenden Generationen zu erhalten und weiterzuentwickeln.